Die englische Version dieser Website ist KI-generiert und wurde noch nicht überprüft.
Was ist Credition?
Credition kommt von credere, dem lateinischen Wort für glauben. Der Ausdruck Credition ist in gleicher Weise gebildet wie Emotion oder Kognition. Mit Credition [im Singular] wird jene zentrale Funktion des Gehirns bezeichnet, die Glauben hervorbringt. Mit Creditionen [in der Pluralform] werden die Vorgänge bezeichnet, die Glauben entstehen lassen. Sie laufen vornehmlich unbewusst (subliminal) ab.
Hier finden Sie zunächst Antworten auf häufig gestellte Fragen und anschließend wichtige Hinweise zu Übersetzungsproblemen, die im Bereich der Creditionenforschung besonders gravierend sind.
…… Doch vielleicht sind Sie besonders an Anregungen für Workshops interessiert? Oder Sie wollen zunächst wissen, was bei uns in den letzten Jahres alles passiert ist? Dann laden wir Sie ein, in unserem Archiv mit seinen Highlights vorbeizukommen. Wir freuen uns auf Ihren Besuch.
Häufig gefragt: die Basics zu Credition
Das ist ein Problem. Es ist allerdings weit verbreitet, dass man bei Glauben zuerst an Religion denkt. Dies ist Folge einer rund zweitausendjährigen europäischen Geistesgeschichte und hängt somit auch mit dem Christentum zusammen.
Creditionen können in unterschiedlichen Situationen aktiviert sein, z.B. bei der Selbsteinschätzung oder der Einschätzung unklarer Situationen. Sie können dabei in ganz verschiedenen Bereichen auftreten. Neben solchen, die sich auf Religion beziehen, gibt es auch Glaubensvorgänge im Kontext von Politik, Technik, Klimawandel, Wirtschaft, Führungsverhalten (Leadership), Finanzinvestitionen - aber auch im Zusammenhang mit Ernährung, Gesundheit oder Partnerschaft.
Ja. Creditionen sind z.B. aktiviert, wenn man über Sinnfragen nachdenkt, etwa darüber, welchen Sinn das Leben hat oder welche Bedeutung man der Beziehung zu einem anderen Menschen zumisst. Creditionen beeinflussen, wofür und für wen man leben oder wofür man sich engagieren möchte. Darüber hinaus spielen Creditionen bei der Wahrnehmung und Einschätzung anderer Menschen eine Rolle, ebenso bei der Einschätzung der eigenen Fähigkeiten. Eine herausragende Bedeutung bekommen Creditionen heute auch deswegen, weil die Überschwemmung mit Fake-news dazu führt, dass wir unsicher werden und uns die Frage stellen: Was kann man überhaupt (noch) glauben?
Der Ablauf von Creditionen beginnt außerhalb der bewussten Wahrnehmung. Die dabei entstehenden “vorbewussten Vorstellungen” sind subliminal und heißen primal beliefs. Wenn die “Bewusstseins-Schwelle” überschritten wird, können wir die Einstellungen und Haltungen, die durch Creditionen hervorgebracht werden, bewusst wahrnehmen. Nun können sie als „Glaube, dass …“ oder „Glaube an …“ erfasst und sprachlich ausgedrückt werden. Zwar sind Creditionen auch schon in einer subliminalen Phase wirksam, doch spätestens ab ihrer Bewusstwerdung und Versprachlichung bestimmen die Ergebnisse unserer Creditionen nachhaltig unser Handeln.
Es ist nicht gleichgültig, welchen Glauben und welche Überzeugungen man während des Ablaufs von Creditionen entwickelt. Werden sie durch metakognitive Reflexion stabilisiert, beeinflussen sie unsere eigene Gefühlslage und unser Mindset, insbesondere aber unser Handeln und unser Verhalten. Allerdings kann sich die Stabilität von glaubensbasierten Überzeugungen durch neue Stimuli aus der Außen- oder Innenwelt wieder verändern. Dies ist von besonderer Bedeutung, wenn es um religiösen Glauben geht (siehe [10]).
Vor ca. zwei Millionen Jahren kam es zu einer weitreichenden evolutionären Entwicklung der Hominiden. Ihre Gehirnentwicklung machte ab jetzt einen gewaltigen Schub (Iriki & Taoka 2012). Es kann sogar angenommen werden, dass die Gehirnentwicklung auch deswegen vorangetrieben wurde, weil sich im weiteren Verlauf der Evolution die Fähigkeit glauben zu können herausbildete. Für die Fähigkeit, glauben zu können, benötigte das Gehirn neue Ressourcen. Das Entstehen von Creditionen konnte so zu einer treibenden Kraft der Gehirnentwicklung werden (Seitz & Angel 2020).
Zu einem interdisziplinären Forschungsgegenstand hat sich das Thema Credition hingegen erst im letzten Jahrzehnt entwickelt. Auf dem an der Universität Graz veranstalteten Grundlagenkongress The Structure of Credition 2015 wurde vom Neurologen Rüdiger J. Seitz postuliert, dass Credition eine Gehirnfunktion ist, die am Entstehung unserer Glaubensvorstellungen maßgeblich beteiligt ist. Dies bedeutet unter anderem, dass sich Creditionen nicht ausschalten lassen. Man kann also nicht “nicht glauben”, Diese Auffassung wurde im Jahr 2016 erstmals publiziert (Angel & Seitz 2016).
Die genannten Beiträge findet man auch auf dieser Website: https://credition.uni-graz.at/de/creditionenforschung/grundlagenforschung/
Wir haben häufig (aber oft unbewusst) bestimmte Vorstellungen im Hinterkopf, die unsere Kommunikation und unser Handeln beeinflussen. Diese zu kennen ist Voraussetzung dafür, dass man sie bei Ihrem Auftreten erkennen kann. Man kann sich dann mit den eigenen Vorstellungen - oft werden sie als basic beliefs bezeichnet - auseinandersetzen, und man kann gegebenenfalls auch daran arbeiten, sie zu verändern.
Hat man Zugang zu den Denkmustern, die im Hinterkopf wirksam sind, kann man auch mit anderen darüber sprechen. Dafür ist es hilfreich, sich auf Modelle zu beziehen. Wer z.B. in Gesprächen häufig den Eindruck hat, vom Gegenüber zu etwas gedrängt zu werden, kann dies mithilfe des sogenannten Kommunikationsquadrats ("Vier-Ohren-Modell”) gut kommunizieren. Es erleichtert die Kommunikation, wenn das Gegenüber in einer Kommunikation das Modell ebenfalls kennt.
Die Creditionenforschung hat zwei Modelle entwickelt. Das eine nennt sich neurales Creditionen-Modell. Es beschreibt Vorgänge im Gehirn, die wirksam sind, wenn wir Glaubensvorstellungen entwickeln. Das andere ist das Creditionen-Kommunikationsmodell. Es lässt sich in Gesprächen einsetzen. Um es anzuwenden, sind keine neurowissenschaftlichen Kenntnisse erforderlich. Allerdings erleichert es auch hier die Kommunikation, wenn alle an einem Gespräch Beteiligten das Modell kennen.
Ja. Das neurale Creditionen-Modell hilft zu verstehen, was in uns abläuft, während wir unsere Glaubensvorstellungen ausprägen und wie sich dies auf unser Handeln auswirkt. Es kann auch einsichtig machen, dass bei Creditionen klinische Störungen auftreten können, die abnorme Glaubensvorstellungen hervorrufen.
Auf das Credition-Kommunikationsmodell kann man sich beziehen, wenn man beruflich viel mit Kommunikation zu tun hat und das eigene und fremde Kommunikationsverhalten, oder auch das eigene oder fremde Mindset, analysieren und besser verstehen möchte.
Nein. Creditionen sind biologische Vorgänge. Sie treten sehr häufig auf und spielen bei allen Arten von Glauben eine Rolle (siehe [3] bis [9]). Auch wenn Creditionen nichts mit Religion zu tun haben, ist ihr Auftreten im Zusammenhang mit religiösem Glauben besonders auffällig (siehe [10] bis [15]).
Creditionen sind daran beteiligt, wenn religiöser Glaube entsteht. Sie haben Einfluss darauf, ob religiöser Glaube wächst, abnimmt oder ganz verloren geht. Allerdings kann das Wort religiös irreführend sein.
Die religiöse Semantik ist verwirrend.
(1) Es gibt zwei SUBSTANTIVE, die man klar von einander unterscheiden muss: Religion und Religiosität.
Dann gibt es das ADJEKTIV religiös. Es ist bipolar, weil es sich auf beide Substantive beziehen kann. Und es ist ein verbindendes Adjektiv, welches auf das Verhältnis von Religion und Religiosität verweist. Wenn man das Adjektiv religiös verwendet, sollte man somit zum Ausdruck bringen, dass es sowohl um Religion als auch um Religiosität geht. In unserer Kultur wird diese Unterscheidung leider meist nicht gemacht.
(2) Im allgemeinen wie im wissenschaftlichen Sprachgebrauch wird das Adjekt religiös vielmehr “amputiert”, weil man es meist ausschließlich auf Religion bezieht. Diese Verstümmelung hat eine negative Wirkung, weil nun die religiöse Semantik einseitig und falsch gewichtet wird. Insgesamt ist in unserer Kultur die Bedeutung von Religiosität unterbewertet. Diese Vernachlässigung kann aber geradezu gefährlich sein, etwa dann, wenn von religiösem Extremismus die Rede ist und damit eine Religion gemeint sein soll.
(3) Dann gibt es weitere Substantive wie z.B. Esoterik, Atheismus, Theismus, Mystik, Spiritualität oder Frömmigkeit sowie entsprechende weitere Adjektive wie fromm, mystisch, spirituell, atheistisch, agnostisch, esoterisch, holistisch und andere mehr. Mit der Bedeutung solcher Ausdrücke beschäftigen sich Religionsphilosophie und Religionspsychologie. Es wird z.B. analysiert, was mit Formulierungen wie “spirituell, aber nicht religiös” oder “religiös, aber nicht spirituell” ausgedrückt werden soll und welche Erfahrungen damit gemeint sind.
(4) Bei Religion(en) geht es um kulturelle Systeme. Bei Religiosität geht es um Personen bzw. um Individuuen. Wenn man die Charakterisierung religiös auf Individuen anwendet, dann geht es um die "Ausprägung von Religiosität”. Man kann z.B. analysieren, welches religiöse Verhalten mit der Ausprägung von Religiosität einhergeht.
In der Psychologie meint man damit ein Persönlichkeitsmerkmal. Dieses ist allerdings nicht stabil. Im Laufe des Lebens kann sich bei Menschen die indivuelle Ausprägung ihrer Religiosität tiefgreifend verändern, etwa weil sich ihr Umgang mit Religion(en) verändert oder sie sich Glaubensinhalte einer Religion auf neue Weise aneignen. In entwicklungspsychologischer Hinsicht und über die gesamte Lebensspanne hinweg können bei der Ausprägung individueller oder kollektiver Religiosität viele innere und äußere Faktoren eine Rolle spielen. Allerdings ist das Wort “Religiosität” im allgemeinen Sprachgebrauch unserer Kultur eher ungebräuchlich. Am ehesten verwendet wird es in der Wissenschaft, etwa der Religionspsychologie, der Theologie oder der Religionspädagogik
Doch jetzt kommt etwas wirklich Verrücktes: Es gibt eine Unzahl von theoretischen Vorschlägen dazu, wie man Religion definieren kann. Aber: Es gibt kaum Versuche, das, was man unter Religiosität verstehen möchte, theoretisch zu klären. Was genau mit Religiosität gemeint sein soll, bleibt deswegen häufig unklar.
Der Mangel an diesbezüglichem theoretischen Interesse ist umso erstaunlicher, weil es eine große Zahl empirischer Untersuchungen gibt. Zudem existiert eine ganze Palette an Vorschlägen dazu, welche Aspekte von Religiosität zu beachten sind. Empirisch erhoben und in der Literatur diskutiert wird etwa, wie zentral für Indivuden die Welt des Religiösen ist, welche möglichen Dimensionen bei der Ausprägung von Religiosität eine Rolle spielen, oder welche Charakteristika mit Religiosität verbunden sind: z.B. Aggressivität, Angst oder Neurotizismus.
Das geringe Intersse an der Entwicklung von Theorien der Religiosität sowie die damit einhergehende begriffliche Unklarheit erschwert es, die Rolle von Creditionen bei der Ausprägung von Religiosität adäquat zu erfassen. Doch wie kann man Religiosität definieren?
Wenn man versucht, Religiosität zu definieren, bewegt man sich auf relativ ungesichertem Terrain. Ein Vorschlag ist, Religiosität als ein erweitertes Homöostase-System zu verstehen, das dem Menschen trotz aller Bedrängnis oder Unsicherheit Halt und Stabilität gibt (Angel 2006, 69-91).
Wie kommt es zu dieser Auffassung?
Ausgangspunkt ist ein biologisch-körperliches Prinzip, das man als Homöostase bezeichnet. Diese hält den Organismus in einem ausbalancierten Gleichgewicht und ist für Lebewesen unerlässlich. Das biologische Homöostase-System ermöglicht, dass der Körper mit Veränderungen, wie z.B. Temperaturunterschieden, zurechtkommt.
In analoger Weise kann man auch Religiosität als ein Balance-System verstehen, das über die rein körperlichen Herausforderungen hinausreicht. Religiosität als erweitertes Balance-System ist in der Lage, auf mental-geistige Herausforderungen zu reagieren, etwa dann, wenn bisherige Antworten zur Sinnfindung oder bisherige Vorstellungen in Sachen Transzendenz erschüttert werden. Die Suche nach einer inneren Balance kann gelingen und zu einem reiferen religiösem Glauben führen. Das Ausbalancieren erschütternder Erfahrungen kann aber auch misslingen und die individuelle Religiosität kann sich in düsterer Weise ausprägen, oder gar pathologisch werden.
Message to go: Religiosität lässt sich als erweitertes Balance-System verstehen, das über die biologischen Gegebenheiten hinausreicht und transzendente Erfahrungen umfassen kann.
Terminologie: Das biologische Balance-System kann man als Homöostase I bezeichnen. Religiosität als erweiterte und umfassendere Balance-Fähigkeit kann man als Homöostase II bezeichnen.
Religiosität und Credition: Die Auffassung, Religiosität als eine Art “Balance-System” zu verstehen, war ein entscheidender Impuls für den Beginn der Creditionenforschung (Angel 2022).
Bei der Ausprägung menschlicher Religiosität spielen Creditionen eine zentrale Rolle. Sie haben Einfluss darauf, in welcher Weise sich individuuen auf eine Religion beziehen und dies hat Auswirkungen darauf, wie sie ihre Religiosität ausprägen. Die individuellen Erscheinungsformen von Religiosität (z.B. weltoffen, engstirnig, patriarchal, versöhnungsbereit, fundamentalistisch, usw.) können weit auseinanderliegen. Dies kann selbst dann der Fall sein, wenn Menschen sich auf die gleiche Religion beziehen. Die individuellen Erscheinungsformen von Religiosität können aber auch nahe beieinanderliegen, selbst dann, wenn Menschen sich auf verschiedene Religionen beziehen.
Wenn man klar zwischen Religion und Religiosität unterscheidet, kann man feststellen: Religiöser Glaube kann immer dann entstehen, wenn jemand unter Bezug auf eine Religion (einschließlich ihres je aktuellen gesellschaftlichen oder politischen Kontexts) die eigene individuelle Religiosität ausprägt.
Menschen können gegenüber Religonen unterschiedlich sensibel sein. Sie können bei der Ausprägung ihrer Religiosität zudem auf verschiedene Weise mit Religionen umgehen. Sie können sich z.B. alle Vorgaben aneignen, sie können aber auch einzelne Bestandteile von Religionen ablehnen. Creditionen haben Einfluss darauf, ob und wie dies geschieht. Deswegen tragen Creditionen dazu bei, dass es selbst innerhalb einer gleichen Religion (oder auch Konfession) zu unterschiedlichen Ausprägungen individueller Religiosität kommt. Wenn man verstehen möchte, warum es innerhalb ein und derselben Religion so große Unterschiede im religiösen Verhalten gibt, ist es hilfreich, Creditionen zu verstehen.
Das gleiche gilt, wenn man wissen möchte, warum es über die Grenzen von Religionen hinweg Gemeinsamkeiten im religiösen Verhalten gibt. Auch hier sind Creditionen einer der entscheidenden Faktoren. Kenntnisse über Creditionen können deswegen dazu beitragen, die Spannung zwischen den Religionen zu verringern und mit deren Differenzen konstruktiv umzugehen.
Englisch - Deutsch: unlösbare Übersetzungsprobleme für die Glaubensterminologie
Die Creditionenforschung hat deutschsprachige und englischsprachige Wurzeln. Deswegen besteht große Sensibilität für die verschiedenen Ausdrucksmöglichkeiten der jeweiligen Sprache. Gerade für das Lexem <Glaube> sowie für einige weitere der glaubensrelevanten Termini bestehen beträchtliche Unterschiede. Diese machen sich bei der Translation vom Englischen ins Deutsche und umgekehrt störend bemerkbar. Das ist besonders gravierend, weil es für manche der zentralen Aussagen oder Feststellungen keine adäquate Übersetzung bzw. nur annähernde Übertragungen in die je andere Spache gibt. Vor allem bei der Erstellung von wissenschaftlichen Publikationen sind solche translationalen Herausforderungen ein permanentes Thema. Auch in unseren Kongressen spielt die Thematik häufig eine wichtige Rolle.
Das Englische hat sprachliche Möglichkeiten, die die deutsche Sprache nicht bietet - und umgekehrt. Das ist bekannt. Weniger bekannt ist, dass hiervon in besonders ausgeprägter Weise gerade die Glaubensthematik betroffen ist. Einige der daraus resultierenden terminologischen Probleme lassen sich nicht lösen. Das macht sich in der Creditionenforschung irritierend bemerkbar.
Beispiele für die lexikalischen und grammatikalischen Unvereinbarkeiten:
Spalte I: Grammatikalische Form
Spalte II: Sprache: Englisch oder Deutsch
Spalte III: Anzahl der Möglichkeiten in der jeweiligen Spache
Spalte IV: Lexem in der entsprechenden Form
Spalte V: Translationale Gegebenheiten
Spalte VI: Für Credition relevante Erläuterung
I. | II. | III. | IV. | V. | VI. |
Substantiv
Singular | Englisch | 2 | faith, belief | ||
Singular | Deutsch | 1 | Glaube | ||
Plural
| Englisch faith | 0 | - - - | ||
Englisch belief | 1 | beliefs | Wird im Deutschen oft mit Meinungen wiedergegeben | Der im Englischen problemlos mögliche Plural “religious beliefs” ist im Deutschen nicht wiederzugeben. | |
Deutsch | 0 | - - - |
Verb
present tense (positiv) | Englisch zu faith | 0 | - - - | ||
Englisch zu belief | 1 | to believe | |||
Deutsch zu Glaube | 1 | glauben | |||
progressive tense (positiv) | Englisch zu faith | 0 | - - - | ||
Englisch zu to believe | 1 | <I am> believing | Drückt eine prozessuale oder noch andauernde Aktivität aus. | “I am believing" ist wenig gebräuchlich, aber grammatikalisch korrekt. | |
Deutsch | 0 | - - - | Diese grammatikalische Möglichkeit existiert im Deutschen nicht. Wird in der Regel durch den adverbialen Zusatz “gerade” umschrieben. | “Ich glaube gerade” ist eine Leerformel (Ernst Topitsch), die nichts besagt. Damit ist eine zentrale terminologische Weichenstellung zur Creditionenthematik eine nicht-existente Leerstelle, | |
present tense (negativ) | Englisch | 1 | to disbelieve | Allgemein gebräuchliche verbale Konstruktion | |
present tense (negativ) | Deutsch | 0 | - - - | die Verneinung wird mithilfe des adverbialen “nicht” konstruiert. | “Ich unglaube” ist grammatikalisch nicht möglich. Die weitgehend äquivalente deutsche Konstruktion lautet: “Ich glaube nicht”. |
Adjektiv
Positivum
| Englisch | <0> | <believing> | Wird meist durch religious ersetzt | Damit werden alle Probleme relevant, die mit dem Adjektiv religiös gegeben sind. |
Deutsch | 1 | gläubig | Wird meist, aber nicht ausschließlich mit dem semantischen Feld Religion in Verbindung gebracht.m | ||
Negativum | Englisch | 3+ | incredulous, infidel, faithless | Es kann auch irreligious verwendet werden. | Mit irreligious und faithles wird die Semantik des Glaubens ohne Begründung dem semantischen Feld Religion zugeordnet. Das verhindert einen Zugang zur Creditionenthematik. Zudem werden alle Probleme relevant, die mit dem Adjektiv religiös gegeben sind. |
Deutsch | 1 | ungläubig | Wird fast ausschließlich auf das semantische Feld Religion bezogen. Damit werden alle Probleme relevant, die mit dem Adjektiv religiös gegeben sind. |
Partizip
Englisch | 1 | believing | Kann auch für das Adjektiv “gläubig” verwendet werden. | ||
Deutsch | <1> | glaubend | Ist alltagssprachlich ungebräuchlich |
Gerundiv/Gerundium
Englisch | 1 | believing | Klingt ähnlich selbstverständlich wie z.B. learning. Die Verbindung von “learning and believing (als Gehirnfunktion)” kann problemlos artikuliert werden. | Believing as process (Gerundiv), the process of believing (Gerundium) und believing as brain function (Gerundiv) sind für die Creditionthematik zentrale grammatikalische Formen. | |
Deutsch | 0 | - - - | Prozess des Glaubens klingt eigenartig und ist wenig geeignet, process of believing adäquat wiederzugeben. Glaubensprozess wird bisweilen auch im islamisch-juristischen Kontext der Scharia verwendet. | Prozess des Glauben und erst Recht Glauben als Gehirnfunktion sind terminologisch im deutschen Sprachkontext kaum vermittelbar. Damit ist ein Zugang zur Creditionenthematik aus terminologischen Gründen fast unmöglich. |
In den auf Englisch geführten wissenschaftlichen Debatten zur Glaubensthematik werden die linguistischen und damit translationalen Aspekte allenfalls beiläufig artikuliert. Die Tragweite der Unterschiede wird selten ausreichend deutlich gemacht. Das ist eine der besonders gravierenden Herausforderungen für die Creditionenthematik.
Sie hat auch eine wenig zutage tretende Tiefendimension: Abhängig davon, ob Englisch die Muttersprache ist oder nicht, kann die Sensibilität für sprachinhärente Herausforderungen unterschiedlich ausgeprägt sein. Sensibilität für sprachinhärente Eigenarten kann aber explizit relevant werden, wenn man es mit KI-generierten Übersetzungen zu tun hat. Im Bereich von Credition Research sind die Skurrilitäten einer KI-generierten Überetzung geradezu tückisch. Fehleinschätzungen der Forschungsergebnisse im Bereich Credition Research können somit vorprogrammiert sein.
Übrigens: Wir haben begonnen, KI-generierte Übersetzung zu unseren Publikationen zu sammeln. Ein unterhaltsames Vergnügen voller Skurrilitäten.
Die Wissenschaftssprache des Credition Research Network ist Englisch. Die wissenschaftlichen Publikationen zu Credition erfolgen ebenfalls in Englisch. Das hat allerdings Konsequenzen: Innerhalb jener Wissensgebiete, in denen Englisch die lingua franca ist, können die nicht vereinbaren Gegebenheiten der englisch- und deutschsprachigen <"Glaubens">terminologie kaum adäquat thematisiert werden. Dies gilt für die Natur- und Kognitionswissenschaften wie auch für einen überwiegenden Teil der epistemologischen Debatten in Philosophie und Psychologie. Viele, vor allem epistemologische Aspekte der Glaubensthematik, werden somit in Sprachspielen (Ludwig Wittgenstein) debattiert, die durch die syntaktischen und semantischen Möglichkeiten des Englischen vorgegeben werden. Dies beeinflusst - meist unausgesprochen - auch die Denkweisen, die auf den jeweiligen sprachlichen Artikulationsmöglichkeiten basieren.
Die Forschungswebsite der Universität Graz ist im Original auf Deutsch verfasst. Die englische Übersetzung ist automatisiert von KI-generiert. Sie ist noch nicht vollständig und sie wurde bislang auch noch nicht durchgängig überprüft.
Aufgrund der unterschiedlichen lexikalischen, grammatikalischen und semantischen Gegebenheiten ist die Glaubensthematik allerdings ganz generell schwer vom Deutschen ins Englische bzw. vom Englischen in Deutsche zu übersetzen. Die Probleme sind sprachinhärent und können in linguistischer Hinsicht nicht völlig ausgeräumt werden. Sie haben mit den Sprachen selbst sowie mit ihrer jeweiligen Geschichte zu tun. Der dadurch gegebene Bias in den deutschsprachigen und englischsprachigen Denkmustern macht sich ebenfalls immer wieder bemerkbar.
Übrigens: Wir haben begonnen, KI-generierte Übersetzung zu unseren Publikationen zu sammeln. Ein unterhaltsames Vergnügen voller Skurrilitäten.
Die Übersetzungsprobleme zwischen dem Englischen und dem Deutschen sind nur ein (kleinerer) Aspekt jener Problemlagen, die es bei der wissenschaftlichen Kommunikation über Creditionen zu berücksichtigen gilt. Wenn man den Bereich der indoeuropäischen Sprachen verlässt und z.B. die Sprachkulturen Afrikas, Indiens und Asiens mit in den Reflexionshorizont einbezieht, steigern sich die Schwierigkeiten exponentiell. Die globale Perspektive lässt in nochmals größerer Deutlichkeit erkennen: “Glaubensinhalte” - also die Ergebnisse der innerlich ablaufenden Creditionen -, sind auch mit der Terminologie jener Sprachkulturen verwoben, die in der Umwelt im Laufe der Geschichte jeweils anzutreffen waren bzw. heute anzutreffen sind. Dies gilt für religiöse Glaubensinhalte genauso wie für solche mundan-säkularer Art.
Das Wissen um die Übersetzungsprobleme, die die Glaubensthematik von der Antike bis heute begleiten, kann dazu beitragen, Creditionen auch in einem globalen, non-WEIRD-Horizont sprachlich zu verankern. Damit wird “<Glaube und glauben>” wie schon seit der Antike, nun aber in einem globalen Horizont erneut zu einem faszinierenden Thema.
Unüberwindbare Übersetzungsprobleme von der Antike bis heute
(a) Von der Antike bis zum Mittelalter:
Es ist kein Zufall, dass die Ausdrucksmöglichkeiten, über die Sprachen verfügen, so verschieden sind. Die Unterschiede und Unvereinbarkeiten sind mit der Entwicklung der Sprachen entstanden. Um die heutigen sprachbezogenen Probleme der Glaubensthematik zu verstehen, muss man historisch weit zurückgehen, denn die noch immer wirksamen Wurzeln liegen in der Antike. Für die Entwicklung der Glaubensthematik spielen von der Antike bis zum Mittelalter (ca. 4. Jh. v. Chr. - ca. 11./12. Jh. n. Chr.) vor allem zwei Sprachen eine Rolle: Altgriechisch und Latein. Eine gewisse Sonderrolle kommt dem Hebräischen zu.
Erste schwierig zu behebende Herausforderungen entstanden bei der Übersetzung bzw. besser “Übertragung” aus dem Griechischen ins Lateinische. Dies betrifft gerade auch das griechische Lexem für <glauben>. Im Griechischen hatte sich aus einem einzigen etymologischen Wortstamm ein semantisch breites Geflecht entfaltet - mit dem Adjektiv πιστός [pistós: vertrauenswürdig], dem Substantiv πίστις [pístis: Glaube] und dem Verb πιστεύειν [pisteúein: glauben]. Dieses wird in der Profangräzität nicht, oder zumindest nicht primär, religiös konnotiert. Aus dem naheliegenden Wortstamm “pth” entstanden πείθομαι [peíthomai: vertrauen, trauen, sich verlassen, gehorchen, befolgen, sich überreden lassen] und πείθω [péitho: überreden, überzeugen, der Obrigkeit gehorchen]. Dieser Stamm wird auch im lateinischen fides erkennbar. Dann spielt im Umfeld von Glauben noch ein weiteres Wort eine wichtige Rolle, nämlich δοξάζειν [doxázein]. Dieses ist für Übersetzungen eine spezifische Herausforderung. Im Griechischen (z.B. bei Plato im Theaitetos) kann es “glauben ohne auf eigenem Augenschein beruhendes Wissen” meinen. In den Übersetzungen findet man dann lateinisch: putare oder opinari, englisch: bisweilen to believe (to form a belief, to held a belief), aber meist to mean, deutsch: bisweilen glauben, aber meist meinen. Allerdings kann das zu δοξάζειν [doxázein] gehörige Substantiv δόξα [dóxa] auch etwas ganz anderes meinen, nämlich: Herrlichkeit (lateinisch: gloria). Daraus resultierte allmählich eine hochgradige religiöse Aufladung. Das Wort wurde nämlich in der neutestamentlichen Literatur und bei den frühchristlichen Philosophen auch verwendet, um die Herrlichkeit Gottes zu bezeichnen. Damit wurde δόξα auch zur Übersetzung des hebräischen כְבוֹד יהוה [kěbōd JHWH], ein Ausdruck, mit der die Manifestation der göttlichen Offenbarung bezeichnet wird. In Folge wurde dann der Ausdruck “orthodox” (die Verbindung aus ὀρθός [orthós: aufrecht, richtig] und δόξα [dóxa]) zunächst eine Bezeichung für “rechtgläubig” und später zur Bezeichnung für die orthodoxe (also weder katholische noch protestantische) Kirche. Die Glaubensterminologie hat also von Anfang an eine höchst komplizierte Geschichte und stellte Übersetzungen immer schon vor schwierige Probleme.
Die Probleme traten schon früh zutage, nämlich bei Übersetzungen ins Lateinische. Abgesehen von der buntgefärbten Semantik des Griechischen kann im Lateinischen nicht einmal die kompakte Einheit aus Substantiv und Verb, also von πίστις und πιστεύειν, wiedergegeben werden. Im Lateinischen fällt nämlich die nominale und die verbale Formulierung auseinander. Es gibt ein dem griechischen Wortstamm “pth” entstammendes Substantiv fides [Glaube]. Und es gibt das etymologisch nicht mehr zu klärende Verb credere [glauben]. Wir haben also zwei unterschiedliche Wortstämme, die nicht das gleiche meinen. Somit waren Spannungen vorgezeichnet. Sie machen sich insbesondere bei der Übersetzung der griechisch verfassten biblischen Texte ins Lateinische bemerkbar. Sie kommen aber auch bei der Übersetzung von griechisch verfassten Schriften der frühchristlichen Philosophie zum Tragen, in denen die Glaubensthematik eine zentrale Rolle spielt. Allmählich entstanden dann auch Texte zur Glaubensthematik, die lateinisch verfasst waren und damit von vornherein zwei unterschiedliche Wortstämme für glauben [credere] und Glaube [fides] verwenden mussten. Das deutsche Wort Glaube entsteht etymologisch aus der germanischen Linie, fassbar in der althochdeutschen Wurzel giloub (teuer, geschätzt) und dem daraus abgeleiteten Verb gilouben (für lieb halten, wertschätzen, billigen, verlassen, verzichten).
Eine Unsicherheit blieb immer bestehen: Lässt sich im Lateinischen das, was mit einer griechischen Formulierung gemeint ist, tatsächlich adäquat zum Ausdruck bringen? Darauf gab es oft keine eindeutige Antwort. Doch Latein avancierte zur Sprache der Wissenschaft. Und auch über die Glaubensthematik wurde in Latein debattiert. Griechische Ausdrucksmöglichkeiten begannen zu verblassen und damit schwand auch das Wissen darum, dass zentrale griechische Termini eine gewaltige semantische Breite haben. Viele von ihnen, wie etwa λόγος [lógos], ἀρχή [archḗ], νοῦς [ ] oder ψυχή [psychḗ] (einem Wort, mit dem man auch Schmetterlinge bezeichnete) konnten nicht adäquat ins Lateinische übersetzt werden. Sie waren aber unerlässlich für die Debatten zum Verhältnis von Glauben und Erkenntnis, von Seele und Verstand.
Wenn diese Debatten nun zunehmend und immer ausschließlicher in Latein geführt wurden, geschah dies oft - und allmählich immer häufiger - ohne Kenntnis des griechischen Backgrounds. Latein war zur lingua franca der damaligen Gelehrten geworden. Allerdings machte sich das Verblassen der ursprünglichen semantischen Breite des Griechischen allenthalten bemerkbar, etwa auch in der nun lateinisch formulierten Theologie.
Ab dem 12. Jh. begann auch das Arabische in den philosophischen Debatten eine wichtigere Rolle zu spielen. Toledo wurde zum Zentrum eines regen philosophischen und theologischen Austausches, an dem christliche, jüdische und muslimische Gelehrte beteiligt waren. Die dabei verwendeten und miteinander in Beziehung gesetzten Termini entstammten dem Griechischen, Lateinischen, Hebräischen und Arabischen. Hier bahnte sich in Ansätzen auch schon jene Weichenstellung an, die dann in der Renaissance dem Griechischen zu einem erneuten Durchbruch verhelfen sollte.
Doch vorerst war von Bedeutung, dass die in diesem kulturellen Großprojekt (bisweilen als “Übersetzungsschule von Toledo” bezeichnet) entwickelten und verwendeten Termini in hohem Maße einer aristotelisch-neuplatonischen Philosophie entstammen: das heißt, die Ausdrücke transportieren mit ihrer Verwendung auch die Vorstellungen einer aristotelisch-neuplatonischen Philosophie. Diese haben u.a. auch die nun ebenfalls aufblühende Medizin beeinflusst. Manche jener Grundvorstellungen, die aus der Antike übernommen wurden, konturieren bis heute Spannungen zwischen der wissenschaftlichen und nicht-wissenschaftlichen Medizin. So basiert z.B. eine Grundannahme der Homöopathie auf dem Prinzip: similia similibus curare [gleiches mit gleichem behandeln].
Doch gravierender aber war etwas anderes: Die neue inhaltliche Füllung jener Termini, die nun herausgearbeitet und in die wissenschaftlichen Debatten eingebracht wurde, stand oft in Spannung zur bisherigen inhaltlichen Füllung der Ausdrücke. Waren doch die meisten dieser “herkömmlichen” Ausdrücke in erster Linie platonisch geprägt. Man verwendete nun also die gleichen Ausdrücke und Begriffe, meinte aber nicht das gleiche, weil nun mit den Ausdrücken jeweils andere Bedeutungen verbunden waren. Die in den heftigen wissenschaftlichen Konflikten eingesetzten Ausdrücke beeinflussten in wirkungsvoller Weise das Verständnis von Glauben und seiner Bedeutung für Erkenntnis.
(b) Ab Renaissance und Neuzeit:
In etwa ab dem 14. Jh. bekam die Vormachtstellung des Lateinischen erneut Konkurrenz. Es begann die Epoche der Renaissance [Re-Naissance (frz.): Wieder-Geburt]. Das nun favorisierte “Mission Statement” der Gelehrten hieß: ad fontes [zurück zu den Quellen]. Diese Losung bezog sich auch auf die Sprachen der Antike, insbesondere auf das Griechische. Die Rückkehr zu den Wurzeln der Antike provozierte erneut Verwerfungen. Gerade in ihrer auf die Sprachen ausgerichteten Dimension wurde diese Wiedergeburt sogar eine der wichtigen Einflussgrößen für die deutsche Reformation der Lutherzeit. Eine der polarisierenden Fragen war: Auf welcher Basis soll die Bibel ins Deutsche übersetzt werden? Es standen zwei Möglichkeiten im Raum: (1) Ist hierfür jene lateinische Version heranzuziehen, die die größte Autorität besaß und andere lateinische Übersetzungen immer mehr verdrängt hatte? Diese lateinische Übersetzung der Bibel heißt Vulgata. Die Vulgata war zudem auch immer ausschließlicher zur Grundlage für die Texte geworden, die im Gottesdienst verwendet wurden. (2) Oder soll man sich auf eine griechische Version beziehen? Griechisch war zwar die originale Sprache, in der die verschiedenen Texte des Neuen Testaments geschrieben waren, doch die originalen Schriftstücke waren nicht mehr vorhanden. Von Anfang an und erst Recht über die Jahrhunderte waren zahlreiche Abschriften entstanden. Dabei hatten sich Ungenauigkeiten, oder gar Fehler eingeschlichen. Deswegen mussten die ursprünglichen Texte erst wieder rekonstruiert werden. Das war eine besonders faszinierende Herausforderung für die Wissenschaftler der Renaissance. Einer von ihnen, Erasmus von Rotterdam, hatte eine solchermaßen neu redigierte Bibel herausgegeben. Als es um die Überlegung ging, ob man ihn als Grundage für eine Übersetzung ins Deutsche nehmen könne, war dieser griechische Text als Druckausgabe erst seit wenigen Monaten auf dem Markt. Und vor allem: er hatte noch keinen breiteren Evaluierungsprozess durchlaufen. Vorerst blieb es bis zu einem gewissen Grad eine Glaubensfrage, ob man ihn tatsächlich als vertrauenswürdig einstufen konnte.
Somit ergab sich für die Frage der Übersetzung ein nicht wirklich lösbares Problem. Mit der allmählichen Etablierung der “Nationalsprachen” (etwa ab dem 13./15. Jh.) entstanden also jene hochbrisanten Probleme, die noch heute jedes Dolmetsch- und Übersetzungsbüro kennt: Ist die Übersetzung korrekt und wer kann dies zertifizieren?
Jetzt wird auch beim Blick auf die Glaubensterminologie noch deutlicher erkennbar, wie sehr die Entwicklung der Sprachen und ihrer Terminologie in geographische Kontexte eingebettet war und ist.
Der ursprünglich für die “Übersetzungsthematik” relevante geographische Raum ist ein riesiges Gebiet. Es umfasste in etwa das römische Weltreich. In der Antike wurde es als ἡ οἰκουμένη [Oikuméne] - d.h „die bewohnte Erde“ [οἰκέω: oikéō: bewohnen] - bezeichnet. Dieses Gebiet blieb auch nach dem Zerbrechen des römischen Imperiums (ab dem 5. Jh.) für die Übersetzungsthematik relevant. Im Osten blieb das Griechische vorherrschend, im Westen das Lateinische. Allerdings nahm der weiterhin bestehende oströmische (byzantinische) Teil des Imperiums eine andere Entwicklung als der weströmische Teil, der die Invasionen von Hunnen und Germanen erlebte. Deren Sprachen gewannen nun auch an Bedeutung.
Besonders bedeutsam wurde allerdings, dass sich die kulturell-geographischen Grenzen im Zusammenhang mit der arabischen Expansion (ab Mitte des 7. Jh.) zu verschieben begannen. Erhebliche Teile des ehemaligen gesamtrömischen Reiches, vor allem jene südlich und östlich des Mittelmeeres, nahmen nun unter dem Einfluss des Islam eine deutlich andere Entwicklung. In den Gebieten nördlich und westlich des Mittelmeers, die nicht oder nur kurzfristig von der arabischen Eroberung betroffen waren, verschob sich das “Gravitationszentrum" kultureller und politischer Entwicklung in Richtung Norden bzw. dann auch Richtung Nordosten. Das hatte eine doppelte Auswirkung: Die eine ist, dass sich im nordwestlichen Teil des ehemals gesamtrömischen Reiches allmählich (ca. ab dem 11. - 14. Jh.) die modernen romanisch geprägten Nationalsprachen herausbildeten (wie etwa Italienisch, Spanisch, Portugiesich Französisch, Rumänisch). Zum anderen gewannen nun aber - in etwa zur gleichen Zeit - auch die sich ebenfalls entwickelnden nicht-romanischen bzw. nur teilweise romanisierten Sprachen an Bedeutung: vor allem das Deutsche und das Englische. Während die Gelehrten in der romanischen Sprachwelt weiterhin eine gewisse Affinität zum Lateinischen hatten, war für die Gelehrten auf den britischen Inseln Latein eine neu zu erlernende Fremdsprache. Das war auch in jenen Teilen des Frankenreichs der Fall, der von Germanen besiedelt war.
Die “Übersetzungsfrage” gewann durch diese geographischen Gegebenheiten an Brisanz. So übernahmen die englischen Gelehrten etwa das lateinische Substantiv fides, das bis heute als faith zum Bestandteil der englischen Sprache gehört. Doch faith stand von Anfang an in einer noch immer existierenden Konkurrenzsituation zu belief. Pikanterweise findet sich im deutschen Wort Glauben gerade der Wortstamm von belief.
In den sich über viele Jahrzehnte hinziehenden Übersetzungsprozessen machte sich dann auch noch ein weiterer Aspekt hinderlich bemerkbar: Mit der denkerischen und sprachlichen Abstraktionsfähigkeit, über die das Lateinische verfügt, konnten die Germanen so gut wie nichts anfangen. Die damit gegebene sprachliche Finesse war dem germanischen Mindset fremd - ein Horror für jegliche Übersetzungsbemühungen. Somit geriet die “Übersetzungsfrage” erneut in den Sog mentaler Unterschiede, die in die einzelnen Sprachen eingewoben waren und durch die auch ihre Entwicklungspotentiale beeinflusst waren.
Gerade für den Ausdruck “Glaube” sowie für andere “glaubensrelevante” Ausdrücke entstanden daraus Unstimmigkeiten, die bis heute spürbar sind. Sie erschweren in erheblichem Maße auch die wissenschaftliche Annäherung an die Creditionenthematik.
Glaube hat sowohl mit Wissen als auch mit Religion zu tun. In der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit Glauben waren beide Bereiche bis ins hohe Mittelalter eng miteinander verwoben. Ab der Neuzeit begannen sie immer weiter auseinanderzudriften. Nun entstanden allmählich zwei sich getrennt entwickelnde Wissenschaftlandschaften. In jeder von ihnen werden heute immense Bestände an wissenschaftlicher Literatur generiert. Doch die Publikationswelten lassen kaum noch erkennen, dass zwischen ihnen irgendwelche Beziehungen bestehen. Die Glaubensthematik wird im Zusammenhang mit Wissen (z.B. Epistemologie, Kognitionswissenschaft) anders reflektiert als im Zusammenhang mit Religion (z.B. Religionswissenschaft, Theologie). Um die wissenschaftliche Literatur strukturieren zu können, verwende ich die Formulierung “Glaube-Wissen-Komplex” und “Glaube-Religion-Komplex”. Die Sprach- und Übersetzungsproblematik macht sich in beiden Komplexen bemerkbar, allerdings in z.T. andersartiger Weise.
Es gibt jedoch bis heute eine Gemeinsamkeit, durch die die beiden Komplexe miteinander verbunden sind: Die Debatten zum Thema Glaube sind in hohem Maße nominal grundiert. Das heißt: In der wissenschaftlichen Literatur beider Komplexe kommt “Glaube” in erster Linie als Substantiv zur Sprache. Das fördert die Auffassung, dass Glaube ein statisch-stabiles Gebilde ist. Aus diesem Grund erschweren die nominal grundierten Debatten sowohl für den “Glaube-Wissen-Komplexes” als auch für den “Glaube-Religion-Komplexes” den Zugang zu einer prozessual-dynamischen Creditionen-Perspektive.
Um den Graben zwischen dem “Glaube-Wissen-Komplex” und dem “Glaube-Religion-Komplex” behelfsweise zu überbrücken, mag es zunächst (und lediglich als vorläufige Hilflskonstruktion!) hilfreich sein, von zwei Polen zu sprechen, auf die sich der Glaubensvorgang in seiner Dynamik hinbewegen kann: auf den Glaubenspol Wissen und auf den Glaubenspol Religion. Credition als biologische Grundlage für Glaubensvorgänge hat mit beiden Polen zu tun.
Neuigkeiten und bevorstehende Veranstaltungen
Alle Neuigkeiten
NEWS
Leitung des Credition Research Project
| https://aljoschaneubauer.wordpress.com/ |
| https://www.tugraz.at/institute/ime/home |
| bit.ly/431NU0C https://forschung.medunigraz.at/fodok/suchen.person_uebersicht?sprache_in=de&menue_id_in=101&id_in=2005444 |
Wissenschaftliche Gesamtplanung
Wissenschaftliche Biografie:
1976 -1981 Studium Latein, Theologie, Geschichte in Regensburg und Paris
1982 - 1984 Unterricht am Humanistischen Gymnasium Leopoldinum in Passau und am humanistisch-neusprachlichen Gymnasium in Kelheim
1984 - 1988 Doktorat für Religionspädagogik an der Universität Regensburg (Prof. Dr, Wolfgang Nastainczyk): Thema: Naturwissenschaft und Technik im Religionsunterricht
1988 - 1994 Habilitation für Religionspädagogik an der Universität Regensburg (Prof. Dr. Wolfgang Nastainczyk): Thema: Der religiöse Mensch in Katastrophenzeiten. Religionspädagogische Perspektiven kollektiver Elendsphänomene
1994 - 1996 Privatdozent an der Universität Regensburg
1996 - 1997 Professur für Religionspädagogik an der TU Dresden
1997 - 2023 Professur für Katechetik und Religionspädagogik an der Karl-Franzens Universität Graz
2011 Wissenschaftliche Leitung des Credition Research Project
2023 Professor emeritus der Karl-Franzens Universität Graz
https://religionspaedagogik.uni-graz.at/de/persoenlichkeiten/